Roads to Siberia

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Godek
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Re: Roads to Siberia

Beitrag von Godek »

Tolles Video....also die Holz-Brücken sind ja teilweise der Oberhammer :denker: .....kommt auf den Bildern garnicht so rüber.....übelste Sorte :hirn:

Die Tour will ich auch mal machen :daumen:
Saison is von Januar - Dezember.......

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Leone blu
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Re: Roads to Siberia

Beitrag von Leone blu »

@Dr. Wolle -> Ganz großes Tennis! Dein Video ist einfach genial. Wow!

Ich denke auch, dass letztlich die Strapazen der Reise zuvor und das hohe Gewicht der GS ihrer Kupplung den Garaus gemacht haben und ich meine das gar nicht böse. Es ist eine sehr respektable Leistung, dass John mit diesem schweren Viech so gut so weit gekommen ist.

Bei den Brücken hab' ich mehrfach kurz die Luft angehalten. Hätte ich nicht vorher gelesen, dass alles gut gegangen ist, hätte ich das nicht so entspannt ansehen können.

Viel Freude beim Genießen Deiner Erinnerungen - once in a lifetime...

Ciao, R.
Ich freue mich, wenn's draußen regnet - denn wenn ich mich nicht freue, regnet's auch... (Karl Valentin)
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DrWolle
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Re: Roads to Siberia

Beitrag von DrWolle »

Moin moin,
ja, der Beemer hats nicht wirklich leicht gehabt! Unterm Strich würde ich sogar wagen zu behaupten, dass es überraschend ist, dass er überhaupt soweit gekommen ist. So oft wie John mit dem dicken Schiff festgesessen hat im Sand oder in Flußdurchfahrten und er neben unserer Schiebung immer mit der Kupplung spielen musste ist es schon beeindruckend, dass die Kupplung so lange durchgehalten hat :klatsch:

Tja, das mit den Brücken ist so eine Sache, wir wussten ja durch die verschiedensten Reiseberichte und Gespräche was da auf uns zu kommt, aber dann davor stehen und rüber zu fahren oder zu schieben war eine andere Sache. Allerdings gewöhnt man sich daran und entwickelt nach den ersten Brücken ein Gefühl dafür, ob gefahren werden kann oder Schieben angesagt ist. Ehrlich gesagt empfand ich die Vitim-Brücke mit am gefährlichsten, obwohl sie insgesamt in einem guten Zustand war. Ich denke, die Kombination aus der Höhe und der Länge der Brücke macht das aus. Dazu halt das Wissen, dass her null Spielraum für Fehler ist!
Trotzdem, das haarstäubendste Erlebnis war es, als wir die eine Eisenbahnbrücke überquerten und wir uns in der Mitte in eine der Seitentaschen verkriechen mussten weil einer dieser langen Güterzüge kam. Das hatte schon ein wenig von Endzeitstimmung.... Auch wenn uns eigentlich klar war dass der Platz ausreichen sollte :oops:
Aber egal, ich würde es wieder machen und wenn Alles klappt bin ich in 2019 wieder in der Gegend :daumen:
Gruß Wolle
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DrWolle
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Tag 77 und 78

Beitrag von DrWolle »

Tag 77 und 78 – 14. und 15. August
14. August. Unsere erste Nacht in Tynda verlief angenehm ruhig, kein ratternder Waggon, keine Störungen durch angetrunkene Bahnarbeiter, die Rauchen und Reden wollten, ein bequemes Bett und so haben wir recht lange geschlafen. Leider gab es im Hotel kein Frühstück, weil das dazu gehörende Restaurant geschlossen hatte wegen der Vorbereitungen für eine geschlossene Gesellschaft.
Aber egal, wir wollten eh runter zum Bahnhof und gucken, wie sich unsere Moppeds im Waggon machen und natürlich bei der Abfahrt zugucken. Maxim kam auch dazu und führte uns zum Waggon, der bereits an den Zug nach Moskau angehängt war. Wir kletterten hinein und waren erstaunt, dass der Waggon von einem Pärchen begleitet wurde, die auf den einzelnen Stationen für die Ausgabe der Fracht zuständig waren und natürlich aufpassen sollen, dass keine unbefugten an die Güter kommen.
Unsere Moppeds waren unversehrt und etliche Frachtstücke waren sauber um sie herum gepackt. So werden sie sicher und ohne Schäden in Moskau ankommen.
Beruhigt gingen wir dann mit Maxim ins Bahnhofsgebäude, um unsere Tickets für den nächsten Zug nach Moskau zu kaufen. Maxim ging mit uns nicht in die Schalterhalle, sondern in den Verwaltungsflügel zu seiner wie er sagte Lieblingssachbearbeiterin. Dort wurde uns erklärt welche Tickets es gibt und was für die gut 5 Tage dauernde Reise am sinnigsten wäre. Wir entschieden uns dann für die teuerste Variante, ein Coupé, sprich ein abgeschlossenes Abteil mit 4 Betten, wovon wir 3 belegten. Der Preis war auch unserer Sicht ein Schnäppchen, umgerechnet etwa 180 € pro Nase für die 5500 km. Bereits die Strecke Hamburg-Lörrach, grad mal 700 km kostet in Deutschland genauso viel.
Tickets bestellt, kurz den Geldautomaten geplündert und wir hielten unsere Tickets in der Hand. Wir sagten noch einmal Danke und gingen dann in die Bahnhofshalle zum Frühstücken. Das war nicht grad berauschend, weil eben typisch Bahnhof 
Noch ein paar bewundernde Blicke auf die riesige Dampflok geworfen, die als Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz steht, dazu ein paar nette „Legs“ bewundern und dann gehen wir zum großen Parkplatz und nehmen ein Taxi zum Hotel.
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Dort kümmerten wir uns um die Wäsche und ich schrieb ein wenig am Blog. Gegen Abend sind wir dann Essen gegangen, diesmal auswärts in ein Restaurant namens Pirat oder so ähnlich. Das war recht gemütlich und die Karte versprühte einen karibischen Charme, aber letztlich war die Auswahl ziemlich beschränkt und so gab es Pommes, Kotelett und Salat. Allerdings irgendwie nicht in der richtigen Reihenfolge, sondern durcheinander. Die Kellnerin hatte nicht wirklich Lust auf die Arbeit und wirkte irgendwie grimmig, obwohl sie nett aussah. Erst als wir bezahlen wollten konnte ich ihr ein Lächeln entlocken.
John kam noch mit anderen Gästen ins Gespräch, eine Frau und zwei Männer. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass sie den örtlichen „Club“ führte.
Zurück im Hotel gings dann auch bald zu Bett, die letzten Tage steckten uns doch noch in den Knochen.
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15. August. Wieder kein Frühstück, diesmal wird das Restaurant für eine Hochzeit vorbereitet Aber egal, wir wollen sowieso runter in die Stadt und ein bisschen Vorräte einkaufen für die morgige Bahnfahrt, dazu ein paar Ersatz-Kleidungsstücke für die gut 5 Tage auf der Eisenbahn. Also geht’s erst einmal rüber zu einem Kiosk und es wird für unser klassisches Frühstück, Snickers und Cola eingekauft.
Anschließend wandern wir durch die Stadt zum sogenannten Chinesenmarkt. Hier wird aus Seecontainern heraus alles Mögliche verkauft, von Kleidung bis hin zur Outdoorausrüstung. Bei genauerem Hingucken stellt man fest, dass die Qualität der Waren dem niedrigen Preis entspricht, dabei ist sogar noch etwas Spielraum fürs Handeln drin. Wir erstehen ein paar Socken, ich ein Hemd in Größe XXXXXL, was mir gerade passt, Thom eine Jogginghose und eine große Tasche für seine Moppedklamotten.
Kurz nach dem Chinesenmarkt kommen wir an einem kleinen aber feinen Einkaufszentrum vorbei, hier sind alle Läden in russischer Hand und das Angebot ist deutlich wertiger, aber auch teurer. Sogar eine Art IKEA-Shop gibt es hier in der sibirischen Einöde. Im Angebot sind viele Deko-Artikel und andere Kleinigkeiten, aber man kann auch anhand des Kataloges das komplette Programm bestellen. Dazu sind einige Boutiquen vorhanden, die entweder hochpreisigen Schmuck, Uhren oder die typischen Designerfummel anbieten. In einem Jeansshop werde ich dann fündig und erstehe eine Jeans, da meine Trekkinghose dringend eine Wäsche braucht.
Anschließend geht’s ins Stadtzentrum, wo wir dann in ein Kaffee einfallen für ein frühes Mittagessen. Gemütlich wandern wir dann zurück zum Hotel. Dabei kommen wir an einem Laden vorbei, der sich Diesel-Club nennt. Er sieht recht einladend aus und wir beschließen, ihn heute Abend aufzusuchen. Im Hotel angekommen kümmern wir uns um die frischen Neuerwerbungen, sprich einpacken bzw. waschen.
Anschließend machen wir Mittagsschlaf und gegen Abend geht’s dann zum Diesel-Club, der hat zwar auf, aber zu Essen gibt es nichts und es ist auch noch tote Hose im Laden. Aber die Einrichtung gefällt, sehr modern, viel Alu und etliche Moppedteile überall. Die Bar ist ausgezeichnet sortiert, das lässt für den Abend hoffen.
Also wieder zurück ins altbekannte Restaurant mit der großen Karte und der kleinen Auswahl. So gegen 22:00 sind wir dann wieder im Diesel-Club. Diesmal gibt es eine Einlasskontrolle und wir müssen einen kleinen Obolus als Eintritt errichten.
Drinnen ist schon deutlich mehr los, viele junge Mädels, ein paar davon mit gleichaltrigen Freunden, aber auch alte Knacker, die dank ihres Geldes einige wirklich heiße Feger um sich geschart haben. Statt erwarteter Rockmusik wummert Techno aus den Lautsprechern… Aber egal, das Bier ist gut gekühlt und wir gucken uns erst einmal um.
Dann kommen ein paar Russen an unseren Tisch, sie wollen uns zum Trinken einladen und ein wenig über uns erfahren. Mehr schlecht als recht ist die darauf folgende Unterhaltung und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Typen uns anbaggern wollen. Naja, höflich wie man ist trinkt man halt ein paar Gläser zusammen und dann versuche ich den Typen irgendwie los zu werden. Thom und John verkrümeln sich auf die Tanzfläche und lassen mich am Tisch sitzen. Eigentlich hab ich echt keinen Bock noch länger hier zu bleiben, aber dann gehe ich auch auf die Tanzfläche, mit etwas Alkohol lässt sich diese Techno-Kacke sogar halbwegs ertragen. Was gäbe ich jetzt nicht für einen Song von ACDC wir Highway to Hell oder so.
Irgendwann ziehen wir uns dann zurück und marschieren ins Hotel. Dort stöpsele ich mir die Knöpfe vom I-Pod ins Ohr und genieße richtig schönen Hard-Rock, bis ich so richtig müde bin und einschlafe.
.
Gruß Wolle
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DrWolle
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Tag 79

Beitrag von DrWolle »

Tag 79 - August
16. August. Heute geht es los, sprich wir werden mit der Bahn nach Moskau fahren. Insgesamt gut 5 Tage auf der Eisenbahn und das spannende daran ist, dass wir quasi die BAM in Richtung Westen fahren und wir unsere gefahrene Strecke einmal aus einer anderen Perspektive sehen werden.
Aber zuerst wird gefrühstückt und dann gepackt. John und ich haben relativ wenig Gepäck, weil wir unsere Moppedklamotten zusammen mit den Motorrädern verladen haben. Thom hat eine große Tasche gekauft, in der er seine Fahrerausrüstung inklusive Stiefel und Helm unterbringen kann.
Sicherheitshalber fahren wir zeitig runter zum Bahnhof, damit uns nicht aus Versehen der Zug vor der Nase wegfährt. Das Problem ist nämlich, dass der gesamte Bahnverkehr nach Moskauer Zeit abläuft und die Anzeigen im Bahnhof ebenfalls auf Moskauer Zeit eingestellt sind. Das heißt, wir müssen in Tynda daran denken, dass wir Moskau sechs Stunden voraus sind. Aber egal, wir sind natürlich gut eine Stunde vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof. Die Suche nach dem richtigen Waggon gestaltet sich etwas schwierig, weil der Zug noch aufgeteilt ist und auf zwei Bahnsteigen steht. Doch Maxim taucht plötzlich auf um uns zu verabschieden und mit seiner Hilfe finden wir dann den richtigen Waggon, Wagen Nummer 16, natürlich ganz am Ende des Zuges…
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Die Tür wird, wie in Russland üblich von den beiden Schaffnerinnen bewacht, die natürlich nicht nur unsere Fahrkarten sondern auch den Reisepass kontrollieren. Schon etwas komisch, aber wie wir mittlerweile ergoogelt haben, eine für Russland normale Prozedur. Wir werden dann von einer der Damen zu unserem Abteil oder wie das hier heißt Kupee geleitet und verstauen erst einmal unser Gepäck. Dann wird es Zeit für den nötigen Reiseproviant. Zum Glück hat der Bahnhof diverse kleine Supermärkte, wo wir uns mit Vorräten eindecken:
Reichlich Wasser, dazu Getränke mit Geschmack wie Cola und Bier, Chips, Snickers, Zigaretten und Brot, Obst, Wurst und Käse. Schließlich müssen wir fünf Tage durchhalten. Zwar hat der Zug einen Speisewagen, aber man weiß ja nie :mrgreen:
Beim Einkaufen erleben wir noch, was eine falsch entnommene Flasche im Kühlschrank anrichten kann, der gesamte Inhalt, hier ausschließlich PET-Flaschen ergießt sich auf den Boden. Die ansonsten tiefenentspannte Verkäuferin kommt ziemlich in Wallung und beschimpft den Verursacher wegen seiner Dusseligkeit. Wir verstehen zwar kein Wort, aber es ist deutlich zu hören, dass es sich um diverse Schimpfwörter, wohl meistens Tiernamen wie Hornochse, Esel und so weiter handelt.
Wir sehen zu das wir unseren Einkauf bezahlen und machen uns auf den Weg zurück zum Zug, wo wir unsere Einkäufe unter den Sitzen verstauen. Dann wieder raus auf den Bahnsteig und dem bunten Treiben zugucken. Dazu ein bisschen Rauchen und mit Maxim plaudern. Ein Reisender will in unseren Waggon, wird aber von den Schaffnerinnen aufgehalten, weil anscheinend irgendwas mit seiner Fahrkarte oder Papieren nicht stimmt, es entwickelt sich ein hitziger Disput, den letztlich die Damen für sich entscheiden. Niedergeschlagen zieht der Fahrgast von dannen. Später sehen wir noch eine Art Bahnpolizei zusteigen, auf die wir während der Reise immer wieder treffen wenn sie durch den Zug patrouilliert. Wir sind also ziemlich sicher hier bei der Dichte von Personal. Je Waggon 2 Schaffnerinnen, dazu noch mindestens 2 Zugführer und die 4 Bahnpolizisten.
Kurz vor der Abfahrt wird es auf dem Bahnsteig hektisch, die Schaffnerinnen treiben ihre Schäfchen zusammen und lassen sie einsteigen, dann geht ein Ruck durch die Waggons, sprich, der andere Teil des Zuges wurde angekuppelt und wir können nun sehen, dass unser Zug verdammt lang ist und wir eine der großen Dieselloks vorgespannt bekommen. Dann fährt der Zug langsam an und in jeder Tür steht eine Schaffnerin mit einem kleinen Fähnchen und signalisiert dem Zugführer, dass Alles bereit zur Abfahrt ist. Als der Zug genug Fahrt aufgenommen hat werden die Türen verschlossen und gesichert. Wir stehen am Fenster und beobachten, wie Tynda und seine Bahnanlagen an uns vorüber ziehen.
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Es ist ein ziemlich großer Knotenpunkt, weil hier die Verbindung zur Transsib verläuft wie auch die östliche BAM nach Vanino, einem größeren Containerhafen im Ochotskischen Meer und die Strecke nach Norden, die wohl bis Jakutsk verlängert werden soll.
Im Gegensatz zum Bauzug rollt unser Zug mit Vorrang über die Gleise. Immer wieder sehen wir an den Ausweichstellen und kleineren Haltepunkten schwere Güterzüge, die auf freie Fahrt sowohl nach Westen als auch nach Osten warten.
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Der Zug fährt mit vielleicht 80 km/h durch die Taiga, wobei man an den Stößen im Zug schon merkt, dass der Unterbau ziemlich stark unter den klimatischen Bedingungen leidet. Meist verläuft die Piste parallel zur Bahntrasse, so dass wir den doch relativ guten Zustand sehen können. Es entspricht den Beschreibungen aus dem ADV-Rider-Forum, wo es heißt, die letzten 150 km der BAM nach Tynda sind in gutem Zustand.
Am späten Nachmittag erreichen wir Chilchi, wo der Zug einen kurzen Halt einlegt. Leider ist Natascha nicht im Dienst und Chilchi damit nicht wirklich sehenswert. Weiter geht’s und dann überqueren wir unseren „Schicksalsfluss“, von der Eisenbahnbrücke aus können wir sehen, dass der Wasserstand niedriger ist als vor 5 Tagen, aber egal, es ist wie es ist :winken:
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Als es langsam dunkel wird entscheiden wir uns dafür, den Speisewagen aufzusuchen. Der Weg führt uns durch insgesamt 5 Waggons, davon sind drei Großrumwaggons. Hier ist das pralle Leben, keine abgetrennten Abteile, sondern alles offen und voller Menschen die sich soweit auf ihren Betten eingerichtet haben. Wir können einen interessanten Duftcocktail riechen, eine Mischung aus menschlichen Ausdünstungen, vollen Windeln, diversen Lebensmitteln wie Fisch, Knoblauch etc. und Schweiß… Es herrscht ein ziemlicher Lärm, Musik, Kindergeschrei, laute Unterhaltung, dazu die Fahrtgeräusche… Gut dass wir uns ein Kupee gegönnt haben.
Endlich im Speisewagen sind wir überrascht, ziemlich modern und gut eingerichtet, voll klimatisiert, ein mit kühlem Bier gefüllter Kühlschrank und die Speisekarte sieht vielversprechend aus und ist sogar mit englischer Übersetzung versehen. Die Kellnerin ist etwas trutschig, aber freundlich, Bier bestellen ist ja noch einfach, diesmal nehmen wir Tuborg mangels einheimischer Marken. Beim Essen wird es etwas schwierig, weil trotz der reichhaltigen Speisekarte nicht mehr alle Gerichte verfügbar sind. Wir entscheiden uns für einen Salat und das obligatorische Kottlett mit Reis bzw. Püree. Der Salat ist wirklich lecker und auch der Hauptgang mundet uns. Noch ein zweites Bier und dann geht es wieder zurück zu unserem Waggon und in unser gemütliches Kupee.
Ein bisschen wird noch erzählt und dann machen wir uns bettfertig. Die Pritschen sind gar nicht so unbequem und die Decken reichen aus. Nur eins macht Probleme, was uns tagsüber gar nicht so sehr aufgefallen ist trifft uns nun ziemlich unvorbereitet. Der Waggon bockt und springt auf dem ausgefahrenen Unterbau hin und her, besonders wenn es über Weichen geht hat man das Gefühl, gleich wird man von der Pritsche geschleudert. Wir liegen wohl ziemlich genau über dem Drehgestell vermuten wir. In der Tat, am nächsten Halt gucken wir nach und finden unsere Vermutung bestätigt. Trotzdem fallen wir irgendwann in den Schlaf.
Gruß Wolle
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DrWolle
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Tag 80 - 83

Beitrag von DrWolle »

Tag 80 bis 83 – 17. bis 20. August
17. August und die folgenden Tage. Wir schaukeln durch die Nacht. Ab und zu werden wir wach, aber unterm Strich schlafen wir doch einige Stunden und wachen am Morgen relativ früh auf, allerdings bleiben wir noch etwas liegen, bevor wir dann doch aufstehen. Draußen zieht gleichmäßig die sibirische Taiga vorbei, endlose Birken- und Tannenwälder, immer wieder mal ein paar Flüsse oder Seen, dazu Berge und natürlich können wir viele Blicke auf die BAM werfen und erfreuen uns daran, dass wir unser Vorhaben geschafft haben.
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Einer von uns bestellt bei den Schaffnerinnen Tee und passend dazu kommt eine der Damen aus dem Speisewagen vorbei, die Blinis und Kascha anbietet. Wir schlagen zu und genießen dann unser Frühstück. Anschließend vertreiben wir uns die Zeit mit Plaudereien, lassen die bewältigten Strecken Revue passieren, lesen ein bisschen und hören Musik. Außerdem gucken wir immer wieder aus dem Fenster und sind fasziniert von der Taiga und der Streckenführung der Bahn. An den Haltepunkten steigen wir aus und schauen uns auf dem Bahnsteig um. Leider ist es nicht mehr so wie oft beschrieben, dass an den Stationen Babuschkas Lebensmittel und Getränke verkaufen dürfen. Die Bahn geht dazu über feste Kioske einzurichten für den Bedarf der Reisenden. Aber wir haben Glück, an einem Haltepunkt ist der Bahnsteig voller Babuschkas und Händler, die Obst, Gemüse, geräucherten Fisch, ja sogar Pelzmützen anbieten. Wir schlagen ordentlich zu und genießen erst einmal die süßen Backwaren und später dann ein leckeres Abendbrot, bestehend aus Tomaten, Gurken, Brot und Räucherfisch. Dazu, wie kann es anders sein, ein lecker Bier :bier:
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Heute brauchen wir nicht in den Speisewagen zu gehen. Irgendwann am Abend geht es dann wieder in die Kojen und wir lassen uns in den Schlaf schaukeln.

18. August. Nach einer etwas unruhigen oder besser gesagt durchschaukelten Nacht stehen wir wieder auf und bestellen den obligaten Tee bei den Schaffnerinnen, der übrigens stilecht in den klassischen Gläsern mit Zitrone serviert wird und ausgesprochen gut schmeckt. Dazu gibt es erst einmal nur ein Snickers, weil sich die Dame aus dem Speisewagen verspätet. Aber zum Glück sind wir nicht so hungrig und können ein wenig warten. Ansonsten verläuft der Tag ähnlich wie der vorherige. Nur bei der Überquerung des Vitim kommt noch einmal Leben in die Bude, schließlich müssen wir doch die berüchtigte Brücke einmal aus anderer Perspektive sehen.
Danach hole ich das Netbook raus und schreibe am Blog, schließlich war auf der BAM doch nicht so viel Gelegenheit zum Schreiben. John versucht derweil seinen Freund zu erreichen, um die Kupplung für den Beemer zu organisieren. Weil der aber irgendwie nicht greifbar ist, versuchen wir den BMW-Händler in Krasnojarsk zu erreichen. Wundersamer weise hat der sogar eine Kupplung für die WC-ADV vorrätig und es gibt dort sogar Jemand, der Englisch spricht. Also versuchen wir das so zu organisieren, dass ein Mitarbeiter rechtzeitig zur Ankunft des Zuges in Krasnojarsk mit der Kupplung am Bahnhof steht. Nach einigen Telefonaten scheint das auch soweit okay zu sein. Wir werden sehen.
Apropos sehen, draußen tauchen erste richtige Berge auf und der Zug klettert in großen Kehren die Steigung hinauf. Dabei können wir einen guten Blick auf das Städtchen Tunnelny werfen und die gesamte Anlage bewundern, schließlich der Tunnel erst in den Neunzigern fertig geworden und gilt als technisches Meisterwerk. Dann verschwindet der Zug in dem langen Tunnel. Dabei können wir dank der Beleuchtung den Tunnel gut einsehen, der wie die Brücken bereits für zweigleisigen Verkehr vorbereitet ist. Wenn man an das Klima und die geografischen Gegebenheiten denkt muss man echt den Hut ziehen vor den Erbauern der BAM und kann sich gut vorstellen, welchen Aufwand es braucht, um diese Strecke zu warten und für den Verkehr offen zu halten. Nicht umsonst können wir in den größeren Stationen vollständig ausgerüstete Bergezüge, meist mit zwei Eisenbahnkränen von Takkraf und diversen Raupen und Kettenschleppern sowie Feuerlöschzüge sehen, die ebenfalls sozusagen fertig zur Abfahrt sind.
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Wirklich beeindruckend die Infrastruktur. In der Nähe von Novo Uoyan sehen wir dann Berge von vorbereiteten Gleisstücken, die wohl sukzessive verbaut werden und können diverse Baustellen beobachten, wo bereits das Gleisbett für ein zweites Gleis vorbereitet wird. Wer weiß, vielleicht ist die Strecke in wenigen Jahren komplett zweigleisig ausgebaut und man kann dann nicht mehr parallel zum Gleis fahren. Das wäre möglicherweise das Ende der BAM als Strecke für Abenteuerreisende wie uns. Aber vielleicht wird die Piste auch wieder hergerichtet, schließlich wird für den Ausbau auch eine Baustraße benötigt für die Lkw. Immerhin sind ja etliche Brücken neu gebaut worden bzw. in gutem Zustand, besonders im westlichen Abschnitt hin zum Baikalsee.
Gegen Abend erreichen wir dann den Baikal und der Zug hält für einen kurzen Stopp in Severobaikalsk. Nun kommt ein bisschen Wehmut auf, weil wir in der Nacht die klassische BAM verlassen und uns irgendwie vom echten Sibirien entfernen.
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Egal, wir haben Hunger und wandern wieder zum Speisewagen. Mittlerweile haben sich die Gerüche in den Großraumwaggons zu einem unangenehmen Odem verdichtet und wir sind sowas von glücklich, dass wir uns ein Kupee gegönnt haben Leider hat das Angebot im Speisewagen stark nachgelassen, es gibt nur noch den Salat und Kottlett mit Reis… Aber immerhin haben sie nach wie vor kühles Bier. Insofern passt das schon.
Anschließend bauen wir unsere Betten und legen uns hin. Das Schaukeln hat etwas nachgelassen und der Zug scheint auch schneller unterwegs zu sein, also Alles gut.

19. August. “The same procedure as every day” könnte man sagen. In gewisser Weise läuft der Tag im gleichen Rhythmus ab wie die Vortage. Nur die Landschaft verändert sich ein wenig. Die Wälder werden lichter und es tauchen häufiger kleine Ortschaften neben der Strecke auf und es gibt deutlich mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen. Auch werden die Städte größer wie Bratsk, Krasnojarsk und Novosibirsk. Wir nähern uns unaufhaltsam der westsibirischen Tiefebene.
Apropos Krasnojarsk. Heute kommt es drauf an. Wenn Alles gut geht kann John hier die Kupplung in Empfang nehmen und wir können den Beemer dann in Moskau zügig reparieren.
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In Krasnojarsk angekommen marschieren Thom und John nach kurzem Telefonat mit dem BMW-Händler zum Bahnhofsausgang um den die Kupplung in Empfang zu nehmen. Wir haben eine gute halbe Stunde als Zeitfenster zur Verfügung. Ich halte derweil die Stellung und beobachte das bunte Treiben auf dem Bahnsteig. Fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges werde ich langsam nervös, Thom und John sind noch nicht zu sehen und eins ist ganz sicher, der Zug wird nicht warten… Doch zum Glück tauchen die Beiden rechtzeitig auf, allerdings ohne Kupplung, irgendwie hat es wohl der Bote nicht rechtzeitig zum Bahnhof geschafft. Dumm gelaufen, also muss eine neue Lösung her. Da Johns Freund immer noch nicht greifbar ist rufe ich zu Hause an und bitte Barbara, doch in Moskau die BMW- Händler abzutelefonieren. Leider ohne Ergebnis, keiner hat eine Kupplung vorrätig und es würde 2 Wochen dauern bis eine Kupplung aus München beim Händler in Moskau ist. Eigentlich ist die Kupplung innerhalb von 48 Stunden in Moskau, aber der Zoll braucht halt seine Zeit, auch wegen der aktuellen Sanktionen der EU. Mist!
Also bleibt nur eine Alternative, Barbara bestellt die Kupplung bei BMW-Hamburg und John fliegt von Moskau nach Hamburg um die Kupplung abzuholen. Soweit so gut, aber das kostet zumindest 2 Tage Zeit.
So lange wir im Zug sind können wir nicht mehr tun, also genießen wir die Bahnfahrt so gut es geht und vertreiben uns die Zeit wie gehabt, aus dem Fenster gucken, Geschichten erzählen, Musik hören und schlafen.
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So endet dieser Tag dann ebenfalls mit dem Besuch des Speisewagens und dem obligatorischen Bier.

20. August. Ein weiterer Tag auf der Eisenbahn. Mittlerweile sind wir auf der Hauptstrecke gelandet, die auch von der Transsib befahren wird. Der Zug fährt nun mit gut 100 km/h und die Strecke ist seit längerem zweigleisig und viel befahren, sowohl von Personen- als auch Güterzügen. Wobei die Güterzüge nach wie vor beeindruckend lang sind und von riesigen dreifach gekoppelten Lokomotiven gezogen werden. In der Nacht haben wir den Hauptkamm des Ural überquert und sind wieder in Europa angelangt. Zum Frühstück können wir die westlichen Ausläufer des Ural bewundern, allerdings sind es eher Hügel als Berge. Dafür ist die Gegend mittlerweile landwirtschaftlich geprägt, viele Siedlungen sind zu sehen und die Bahnhöfe deutlich häufiger als vorher. Gestern haben wir noch einige große Flüsse gequert wie den Ob und den Irtisch, heute die Wolga und einige kleinere Flüsse.
Der Tag verläuft ähnlich entspannt wie die Vortage, allerdings stehen wir öfter am Fenster und schauen uns die vorbeiziehende Landschaft an, die sich doch erheblich von der Taiga unterscheidet. Auf den Feldern sind bereits die Erntemaschinen zu Gange und etliche Flächen sind bereits abgeerntet. Immerhin ist es ja fast Ende August.
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Wir haben gute Nachrichten von zu Hause, die Kupplung ist in Hamburg und kann abgeholt werden. Also kann John gleich Morgen in den Flieger steigen und die Kupplung abholen.
Zum Abend geht es wieder in den Speisewagen, mittlerweile wird’s echt langweilig mit dem Klassiker Kottlett, aber das Bier schmeckt trotzdem und nach dem Essen geht’s zurück in unser Kupee, wo wir soweit schon mal alles zusammen suchen und einpacken, denn morgen früh um halb Fünf sollen wir in Moskau sein.
Gruß Wolle
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DrWolle
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Eisenbahn und Co

Beitrag von DrWolle »

Und hier für die Eisenbahnfreunde einige Bilder von Zügen, Lokomotiven und Infrastruktur:
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Gruß Wolle
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jalla

Re: Roads to Siberia

Beitrag von jalla »

Hallo Leutz,

alles wunderschön zu lesen und weckt teilweise Lust zur Fernreise.

Was mich nur verwundert hat war die Infrastruktur mit je zwei Beinen und Blue Jeans :winken:
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DrWolle
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Neue Videos

Beitrag von DrWolle »

Moin moin,
der gute Thom war wieder fleissig und hat zwei neue Videos geschnitten :daumen:

Hier Video 1: Altai-Mongolei

und hier Nummer 2: Tadjikistan und Kirgistan
Gruß Wolle
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Norton
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Re: Roads to Siberia

Beitrag von Norton »

Und nochmals: Danke! :daumen: :daumen:
Gruß Michael
Victoria Bergmeister...76 andere...Suzuki DR350SE...?
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